Als ambitionierte Fotografen wollen wir keine belanglosen, sondern besondere Bilder mit Sinn und Ausstrahlung anfertigen und zeigen. Ob uns das gelingt, entscheidet nicht zuletzt der/die Betrachter*in.
Offenheit bei Bildbetrachtung
Das Empfinden beim Betrachten eines Bildes – also dessen besonderer Ausstrahlung – kann angenehm, neutral oder unangenehm sein. Jemand erkennt und empfindet dabei nur das, was er/sie im Unterbewusstsein mit dem Bildinhalt verbindet, aufgrund seines Wissens kennt oder Unbekanntes sich erarbeiten kann und will.
Man sieht also nur, was man weiß. Man sollte aber offen gegenüber Unbekanntem sein sowie tolerant und willig, sich ein Bild zu erarbeiten !
Wenn mich ein Bild angenehm oder unangenehm anspricht, dann frage ich mich als erstes WARUM ? Weil mir das Bild vielleicht etwas sagen will ?
Als einem Fotografen, der an seiner Bildsprache, seinem Können der Bildgestaltung und an seinem technischen Handwerkszeug arbeitet, stellen sich die Fragen WIE und WOMIT ? Im Grunde sind es die 4 Aspekte der IRIS-Methode: Aussage/Idee, emotionale Wirkung, Gestaltung und Technik; (…mehr).
Corona in meiner Heimatgemeinde
Das Thema Corona ist allgegenwärtig und für alle eine neue Erfahrung. Es ist keine angenehme. Auch ästhetische Elemente sind kaum zu finden. Warum soll man daran arbeiten ? Weil es heute unsere alltägliche Realität mitbestimmt !!
Die corona-bedingten Ausgangs-und Kontaktbeschränkungen lenkten gezwungenermaßen meinen Fotografenblick auf das Geschehen am Heimatort. Die Wahl des selektiven Einfärbens sollte das unangenehme Gefühl beim Betrachten verstärken: Schwarz-Weiß erzeugt eine düstere und bedrückende Grundstimmung des Stillstands. Rote Farbtöne signalisieren einerseits Gefahr und Verbote und weisen andererseits auf besondere Anliegen hin.
Herausforderungen der emotionalen Fotografie
Absicht war eine emotionale Fotografie und diese ist eine herausfordernde Angelegenheit. Sie macht jedoch erst ein gutes Foto zu einem Bild mit besonderer Ausstrahlung, da es Gefühle bei Betrachtern auslöst.
Die ach so beliebte rosarote Brille sollte dabei ein Fotograf und Betrachter nicht aufhaben. Unangenehme Gefühle können genau so wertvoll sein wie angenehme.
Wir wollen den Bildbetrachter in jedem Fall emotional berühren !!!
Das fängt bei uns selber an, denn wer beim Erstellen und Präsentieren seiner Bilder nichts fühlt, kann nichts ausdrücken und andere damit berühren.
Meiner Meinung nach gibt es vor allem 4 Ansätze der emotionalen Fotografie:
- Ansatz 1: Emotionen-auslösende Bildaussage (Betrachter*in ansprechen, wie z.B. in obigen Bildern)
- Ansatz 2: Fotografieren von Emotionen
- Ansatz 3: Im Bild ausdrücken, was man als Fotografin selber fühlt
- Ansatz 4: Auslösen von Emotionen durch Bildausstrahlung
Aussage – die Botschaft an Betrachter
Welche Ansatz man wählt, hängt davon ab, was man mit seinen Bildern erreichen will:
- Keine konkrete Botschaft – rein optische Wirkung
- möglichst objektive Dokumentation von etwas
- Information zu eigenen, subjektiven Empfindungen, Interpretationen und Inszenierungen (wie z.B. in obigen Bildern)
- Aufruf zu einer nachfolgenden Tat
Am besten finde ich das erste Bild: Das ursprüngliche Plakat ist schon gut, wird aber von noch düsteren Papieren überklebt (hast Du gut eingefügt). Die blutigen Hände des Plakatklebers. Selbst der schwach rote Rahmen um die Plakattafel.
Kompliment.